Autark wohnen Erste Schritte in die Selbstversorgung

Erste Schritte in die Selbstversorgung - der Anbau von eigenem Obst und Gemüse. Fotolia.com © andreaobzerova #205762363

Autark wohnen liegt im Trend und gewinnt immer mehr mediale Aufmerksamkeit: In der heutigen Zeit, in der viele Dinge des Lebens durch Wirtschaft, Technologie, Energiegewinnung und andere Bereiche fremdbestimmt sind, sehen sich einige Menschen danach, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Sie wollen sich von den bestimmenden Bereichen, vom Konsum abkoppeln, grundlegende Versorgungsgüter selbstständig beischaffen und sich möglichst unabhängig machen von Produzenten und Anbietern, ihrem Warenangebot und ihren Preisen. Die Umstellung auf ein autarkes Leben ist mit großen Veränderungen verbunden. Daher ist es sinnvoll, sich dem Ziel in kleinen Schritten zu nähern.

Autark leben: Was es bedeutet, sich selbst zu versorgen

Autark leben heißt, wieder die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen und es frei von wirtschaftlichen, politischen oder gesellschaftlichen Einflüssen und Zwängen zu gestalten. Man ist – zumindest in einigen Bereichen – nicht mehr länger abhängig von Systemzwängen, etwa was die Versorgung mit Energie, Wasser und Lebensmitteln betrifft. Wie extrem die Autarkie ausgelebt werden soll, muss jeder für sich entscheiden.

Ein Komplettausstieg ist vielen eine Nummer zu groß, doch auch ein teilweise autarkes Leben bringt schon viele Freiheiten mit sich. Es geht vor allem darum, sich mit möglichst vielen lebensnotwendigen Dingen selbst zu versorgen und nur wenig neu zu kaufen.

Vorteile des autarken Lebens

Klar ist aber, dass eine autarke Lebensweise noch weitere Vorteile hat, als unabhängig und selbstbestimmt zu sein. Lebensmittel aus dem Supermarkt enthalten oftmals Konservierungsstoffe und andere künstliche Zusätze. Als Verbraucher kann man nie ganz sicher sein, wo die Lebensmittel herkommen und wie sie angebaut oder hergestellt wurden. Wer Lebensmittel selbst anbaut, braucht sich dahingehend keine Gedanken mehr zu machen und die Lebensmittel sind immer frisch und gesünder als künstlich haltbar gemachte oder anderweitig behandelte Alternativen aus dem Supermarkt. Dazu kommt, dass man sich von saisonalen, regionalen Produkten ernährt, die nicht erst importiert und über weite Strecken transportiert werden müssen. Das schont nicht nur den Geldbeutel, sondern aufgrund der wegfallenden Schadstoff-Emissionen auch die Umwelt.

Weitere Vorteile eines autarken Lebens:

  • Weniger Leistungsdruck und Zwang des „Kaufen-Müssens“
  • Die Möglichkeit, ein Leben zu führen, das sich mehr auf die wesentlichen Dinge konzentriert
  • Eine Rückkehr zu altem Wissen, etwa die Wachstumsvorgänge in der Natur
  • Neue Talente für sich entdecken

Umstellung auf Selbstversorger

Allerdings ist ein autarkes Leben mit viel Arbeit verbunden. Man kann sich nicht mehr auf andere Menschen, Unternehmen und Geschäfte verlassen, sondern ist selbst für die Dinge verantwortlich. Das bedeutet in der Anfangszeit eine extreme Umstellung der Gewohnheiten und des Tagesablaufs. Anstatt einfach im nächsten Supermarkt einzukaufen, muss man gut planen, die Lebensmittel rechtzeitig anpflanzen und sie gut pflegen, damit sie gedeihen.

Gerade wegen dieser immensen Umstellung ist es wichtig, die Gewohnheiten Schritt für Schritt fallen zu lassen und sich eine autarke Lebensweise anzueignen. Immerhin dauert es seine Zeit, bis man alles beisammen hat, was man für die persönliche Autarkie benötigt. Welche Maßnahmen möglich sind, hängt von zwei Dingen ab: Zum einen die eigene Bereitschaft – in welchem Maße soll das Leben auf autark umgestellt werden? – und zum anderen die Beschaffenheit des Grundstücks. Gibt es einen Zugang zum Grundwasser? Für welche Nutzpflanzen ist der Boden geeignet?

Autark wirtschaften: Anbau von Lebensmitteln

In einem Garten kann – je nach verfügbarer Fläche – eine Menge Obst und Gemüse angebaut werden, was bedeutet, dass man viele Lebensmittel einfach selbst ernten kann und weniger einkaufen muss.

Wer sich selbst mit Lebensmitteln versorgen möchte, sollte sich dafür ausreichend Kenntnisse in Anbau und Bewirtschaftung von Nutzpflanzen aneignen, damit das Vorhaben gelingt. Am besten ist es außerdem, mit Gemüse- und Obstsorten zu beginnen, die leicht zu pflegen sind. Für den Anfang sollte die Gartenfläche nicht zu groß sein, damit die Arbeit Spaß macht und nicht überfordert. Wichtig ist auch, die einzelnen Sorten so anzupflanzen, dass man möglichst das ganze Jahr über frisches Gemüse und Obst ernten kann. Auch Kräuter lassen sich unkompliziert anpflanzen und ein eigener Nussbaum bereichert den Speiseplan zusätzlich.
Zur Selbstversorgung gehört außerdem das Wissen, wie man Lebensmittel konserviert. Gängige Methoden sind fermentieren, einkochen, einlegen oder trocknen. Wer über einen ausreichend großen Garten verfügt, kann sich zusätzlich Nutztiere halten und so auch in Bezug auf Fleisch, Wurst, Milch und Eier unabhängig vom Supermarkt zu sein.

Wohnen neu definiert

Autark zu leben, beschränkt sich nicht bloß auf Ernährung und den Konsum, wenngleich das sicherlich die präsentesten Aspekte dieses Lebensstils sind. Doch die autarke Lebensweise kann sich auch auf den Wohnbereich ausdehnen. Es ist auf verschiedene Arten möglich, auf ein herkömmliches Haus zu verzichten und stattdessen weitestgehend unabhängig zu wohnen:

  • Im Wohnwagen oder Wohnmobil leben
  • Einen alten Bauwagen wohnlich umbauen
  • Im Gartenhäuschen wohnen
  • Auf einem alten Bauernhof leben

Bei den meisten dieser Optionen geht es um minimalistisches Wohnen und darum, sich auf das Nötigste zu beschränken, das man zum Leben braucht. Dazu gehört auch die Tiny-House-Bewegung, die immer mehr Anklang findet. Bewusstes Downsizing ist einer der zentralen Aspekte bei dieser gelebten Alternative zum materiellen Wohlstand.
Autark wohnen kann man sowohl allein wie auch in einer speziellen Wohngemeinschaft mit mehreren. In Deutschland und auf der ganzen Welt gibt es viele Ökodörfer. Die Bewohner dieser Dörfer und Kommunen leben als Gemeinschaft überwiegend autark zusammen und helfen sich gegenseitig mit ihrem Fachwissen und Fähigkeiten aus. Auch der soziale Aspekt spielt eine große Rolle. Richtig autark ist ein Haus aber erst, wenn es über ein eignes Energie- und Wassersystem verfügt.

Energieautark wohnen

Ein autarkes Haus ist dazu in der Lage, die Energie, die es für Strom und Heizen benötigt, selbst zu erzeugen.

Strom

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein autarkes Haus mit Strom zu versorgen. Eine Photovoltaikanlage, die aus mehreren Solarzellen besteht, wandelt über den sogenannten photoelektrischen Effekt die Energie des Sonnenlichts in Strom um. Der Effekt wurde bereits 1839 entdeckt. Bis zur ersten Photovoltaikanlage vergingen rund 100 Jahre.
Seit einigen Jahren herrscht in Deutschland ein regelrechter Boom. Das liegt nicht zuletzt an den Vorteilen, die eine Photovoltaikanlage mit sich bringt: Die Produktion von eigenem Solarstrom senkt die monatlichen Stromkosten. Photovoltaikanlagen produzieren bis zu 12-mal mehr Strom, als sie verbraucht. Der Strom, der nicht selbst genutzt werden kann, wird ins Stromnetz eingespeist und vergütet. Außerdem arbeiten Photovoltaikanlagen vollkommen klimaneutral. Damit senkt sie Schadstoffemissionen und trägt zum Klimaschutz bei. Insgesamt sind Photovoltaikanlagen der gewerblich am besten erschlossene Bereich, daher sind die Kosten für die technische Ausrüstung in den letzten Jahren stark gesunken.

Auch Windenergie kann über einen Windgenerator (Kleinwindenergieanlage) oder eine Windturbine, die auf dem Hausdach angebracht wird, zur Stromerzeugung genutzt werden. Windräder für den privaten Gebrauch haben eine maximale Leistung von fünf Kilowatt. Die Rotorblätter haben einen Durchschnitt von maximal fünf Metern.

Ein Blockheizkraftwerk (BHKW) verschafft nicht nur die Unabhängigkeit von Stromversorgern, sondern man erhält Strom und Wärme gleichzeitig. Gegenüber Photovoltaik und Windkraft hat ein BHKW den Vorteil, dass es bei jedem Wetter funktioniert.
Für die autarke Energiegewinnung kann man auch eine Kombination aus verschiedenen Möglichkeiten wählen. Allerdings ist eine echte Unabhängigkeit vom Netz nur dann gewährleistet, wenn man für eine eigene Möglichkeit verfügt, die erzeugte Energie zu speichern. Hier ist die Technik bislang noch teuer und nicht ausreichend leistungsfähig.

Heizen

Heizwärme wird heutzutage ohnehin überwiegend autark hergestellt – etwa über einen klassischen Ölkessel oder eine Wärmepumpe. Eine solche Pumpe ist außen am Haus angebracht. Je nach Standort, wird die thermische Energie aus der Erde, der Luft oder aus dem Grundwasser gewonnen und als Nutzwärme in das Heizsystem des Hauses übertragen wird. Das Prinzip der Wärmepumpe verwendet man auch zum Kühlen, etwa bei Kühlschränken. Auch mittels Solarthermie lässt sich Wärme zum Heizen gewinnen. Sie funktioniert im Grunde so wie eine Photovoltaikanlage, nur dass die Sonnenenergie nicht in elektrische Energie, sondern in Wärme umgewandelt wird.

Autarkes Wassersystem

Auch, was die Versorgung mit Wasser betrifft, kann man sich zumindest teilweise selbst versorgen. Eine völlige Unabhängigkeit vom öffentlichen Kanal- und Wassernetz ist in Deutschland aus rechtlichen Gründen nicht umsetzbar.

Wasserversorgung

Privatleuten ist es mit einer entsprechenden Genehmigung durch die Wasserbehörde erlaubt, auf die Grundwasserschichten zuzugreifen – etwa über einen Brunnen. Über moderne Filtertechniken kann man das Wasser in echter Trinkqualität bekommen. Regenwasser kann man ebenfalls nutzen. In Deutschland ist das allerdings nur für die Toilette, die Waschmaschine und die Bewässerung des Gartens erlaubt.

Abwasser

Die Abwasserentsorgung kann über Sickergruben, wie sie früher üblich waren, erfolgen. Diese sind heute aber nur noch selten in Deutschland erlaubt. Mit einer eigenen Kleinkläranlage kann man das Abwasser selbst reinigen. Das ist rechtlich problemlos möglich und auch auf kleineren Grundstücken umsetzbar. Außerdem sind für ein autarkes Haus Kompost- und Biotoiletten eine praktikable Möglichkeit, um Abwasser zu entsorgen.

Autarkie in den Alltag integrieren

Wer sein Leben zukünftig autark gestalten möchte, kann mit folgenden kleinen Schritten anfangen, um sich allmählich umzugewöhnen.

  • Vorerst nur auf einen Lebensbereich konzentrieren, der autark gestaltet werden soll (Gemüseanbau, Energiegewinnung)
  • Sich von Ballast befreien, um zu lernen, mit weniger auszukommen
  • Nichts Neues mehr kaufen und hinterfragen, was man wirklich zum Leben braucht
  • Das Auto gegen das Fahrrad tauschen
  • Den Müll auf ein Minimum reduzieren

Grenzen der Autarkie

Wichtig zu wissen: Eine völlige Autarkie ist in Deutschland bisher nicht möglich. Aus rechtlichen Gründen ist man immer auf gewisse Dinge angewiesen. So ist ein Anschluss an die Kanalisation Pflicht, auch wenn man über eine eigene Kleinkläranlage verfügt. Außerdem darf man Regenwasser nicht als Trinkwasser nutzen, sodass man auch um einen Anschluss an die Wasserversorgung nicht herumkommen wird. Außerdem darf nur dort gebaut werden, wo eine Kanalisation besteht.