Gebäudezertifizierungen Wie nachhaltig ist mein Haus?
Wer selbst baut, hat die Chance, auch selbst zu entscheiden, wie nachhaltig gebaut werden soll. Für viele stehen dabei neben den Kosten die Punkte Wohngesundheit und Ökologie ganz oben auf der Prioritätenliste. Für mehr Sicherheit auf Seiten der Bauherren sorgen dabei Zertifizierungssysteme, die einzelne Bauprodukte oder auch das gesamte Gebäude bewerten. Eine Gebäude-Zertifizierung wird in der Regel durch Planungsbüros durchgeführt, die darauf spezialisiert sind.
Für Wohnungsbauunternehmen können gute Prüfergebnisse die Wettbewerbschancen steigern, private Bauherren erwarten hingegen neben einer Einsparung von Energiekosten eine höhere Wohn- und Lebensqualität.
Folgende Methoden und Modelle können derzeit für eine Bewertung herangezogen werden:
Deutsches DGNB
Das in Deutschland vermutlich bekannteste Siegel ist das der DGNB, der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen. Das Bewertungssystem wird häufig für Großprojekte angewendet, kann aber auch für kleine private Gebäude vergeben werden. Das Profil „Neubau kleine Wohngebäude (NKW)“ bezieht sich dabei auf Gebäude mit weniger als 6 Wohneinheiten und stellt Komfort und Wohlbefinden der Nutzer in den Fokus. Geprüft werden wirtschaftliche, ökologische und städtebauliche Qualitäten, mit einem umfassenden, sehr komplexen Kriterienkatalog, aber eben auch Aspekte der Behaglichkeit, wie der thermische Komfort und die Qualität der Innenraumluft. Das DGNB-Gütesiegel wirft zudem ein besonderes Augenmerk auf die ökonomische Nachhaltigkeit eines Gebäudes, so dass die Kosten sowohl bei der Erstellung als auch im Betrieb der Immobile intensiv betrachtet werden. Um diese und auch alle anderen geplanten Nachhaltigkeitsaspekte nachvollziehbar zu dokumentieren, kann bereits in der Planungsphase ein DGNB-Vorzertifikat angelegt werden.
Interessant ist die Zertifizierung für Bauträger und Haushersteller, denen diese zudem einen Wettbewerbsvorteil bringen kann. Die Kosten dafür können sich Bauherren im Rahmen der KfW-Förderung „431 (Zuschuss Baubegleitung)“ bezuschussen lassen.
Link zu DGNB
BNB
Neben der DGNB-Zertifizierung für private Bauherren, gibt es in Deutschland das Bewertungssystem BNB für öffentliche Bundesbauten mit den Profilen Büro-, Verwaltungs-, Unterrichts- oder Laborgebäude. Gleich sind bei beiden Systemen die Bewertungskriterien, nämlich ökologische, ökonomische, soziokulturelle und funktionale sowie technische, Prozess- und Standortqualitäten. In beiden Fällen formuliert der Bauherr bereits im Vorfeld der Planung, welcher Standard erreicht werden soll. Während sich Bauherren allerdings für das DGNB-Siegel freiwillig entscheiden können, ist die Einhaltung der BNB-Kriterien für die genannten Profile der Bundesbauten ab einer Bausumme von über 2 Millionen Euro Pflicht. Zudem muss mindestens der Silberstandard erreicht werden.
Internationale Zertifizierungen LEED und BREEAM
Gerade für Unternehmen, die international aufgestellt sind und eben auch Immobilien im Ausland haben, ist das US-amerikanische Zertifizierungssystem LEED »Leadership in Energy and Environmental Design« interessant, um die Immobilien untereinander vergleichen zu können. Betrachtet werden in dem Kriterienkatalog der Standort, effiziente Wassernutzung, Energie und Atmosphäre, Materialien und Ressourcen, Innenraumqualität sowie Innovation, Design und Regionalität. Die zertifizierten Gebäude gelten als ökologisch extrem leistungsstark.
BREEAM
Die so genannte BREEAM-Methode (Building Research Establishment Environmental Assessment Method) wird auch als die Mutter der Zertifizierungssysteme für Gebäude bezeichnet und wurde bereits 1990 in England entwickelt. In das Bewertungssystem werden die Aspekte Management am Bau, Gesundheit und Behaglichkeit, Energie, Transport, Wasser, Materialien, Abfall, Landverbrauch, Ökologie und Verschmutzung bewertet. Es werden globale, lokale und gebäudeinterne Auswirkungen über die gesamte Lebensdauer des Gebäudes betrachtet. Ähnlich wie bei der LEED-Zertifizierung werden auch nach der BREEAM-Betrachtung innovative Lösungen gesondert anerkannt.
Passivhaus-Zertifizierung
Das Passivhaus Institut in Darmstadt prüft, bewertet und zertifiziert Gebäude, die dem vom Institut formulierten Passivhausstandard entsprechen. Ausgezeichnet werden sowohl Neubauten in drei Kategorien classik, Plus oder Premium sowie der sanierte Bestand in ebenfalls drei gestaffelten EnerPhit-Klassen. Zudem zertifiziert das Institut auch einzelne Passivhaus-Produkte und -Komponenten.
Siegel für Baumaterialien
Neben den beschriebenen Zertifikaten gibt es diverse weitere Siegel und Gütezeichen, die sich auf einzelne Bauprodukte beziehen und den Bauherren Orientierung bei der Auswahl geben:
Sentinel Haus Institut
Die Prüfkriterien des Sentinel Haus Instituts bewerten die in einem Gebäude eingesetzten Baumaterialien bezüglich ihrer Schadstoffbelastung für die Raumluft. Geprüft werden die Baustoffe auf gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe und auf Emissionen, damit sowohl für die späteren Nutzer als auch die Ausführenden auf der Baustelle keine gesundheitlichen Schäden entstehen. Die neue Prüfbescheinigung „schadstoffgeprüft“ ist aus dem Sentinel Gesundheitspass und dem Zeichen Schadstoffgeprüft des TÜV Rheinland hervorgegangen.
Link zu Sentinel Haus Institut
natureplus-Qualitätszeichen
Auch das natureplus-Qualitätszeichen möchte Bauherren mehr Sicherheit bei der Produktauswahl von Baumaterialien geben. Gesundheitsverträglichkeit, Funktion und Umweltverträglichkeit stehen dabei im Mittelpunkt. Die Bewertungskriterien sind öffentlich einsehbar und durchgängig streng.
IBO-Prüfzeichen
Das österreichische IBO-Prüfzeichen (Österreichisches Institut für Baubiologie und –ökologie) bietet Bauherren bereits seit den 1980er Jahren eine Orientierungshilfe. Die Bewertung nach strengen baubiologischen und bauökologischen Kriterien betrachtet dabei den gesamten Lebenszyklus eines Produktes. Der IBO-Ökopass bewertet die baubiologischen und bauökologischen Qualitäten von Wohnanlagen.
Gütesiegel GI
In der Schweiz gewährleistet das Gütesiegel GI (Gutes Innenraumklima) die Einhaltung der GI-Zertifikatsanforderungen für Neu- und Umbauten bezüglich der Raumluft. Neben der Zertifizierung diverser Bauprodukte wird es von der S-Cert AG, Zertifizierungsstelle für Produkte und Personen im Bauwesen, vergeben.
Environmental Product Declerations
Auch über so genannte Environmental Product Declerations (EPD) kann die Umweltverträglichkeit von Gebäuden bewertet werden. Betrachtet werden die Bauprodukte dabei über ihren gesamten Lebenszyklus.