Kalksandstein Herstellung, Eigenschaften und Verwendung
Entstehung
Die Erfindung des Kalksandsteins erfolgte durch den Naturwissenschaftler und Arzt Anton Bernhardi, der einen preisgünstigen Baustoff für den sozialen Wohnungsbau suchte und 1858 eine Anleitung zur Herstellung von Kalksandstein veröffentlichte.
Herstellung
Kalksandstein wird aus Branntkalk (Kalziumoxid) und Sand (hauptsächlich Quarzsand) hergestellt. Beide Rohstoffe werden im Verhältnis von etwa 1:12 gemischt und mit Wasser vermengt. Dadurch kommt es zu einer chemischen Reaktion: aus dem Wasser und dem Branntkalk entsteht Kalkhydrat Calzimhydroxid). Weitere Zusätze sind nicht nötig. Aus der Mörtelmasse werden anschließend Steinrohlinge geformt. Bei Temperaturen von bis zu 200°C und unter hohem Druck werden die Mauersteine dann im Wasserdampf 4 – 8 Stunden lang ausgehärtet. Der hohe Druck in Kombination mit der hohen Temperatur und der alkalischen Umgebung des Calzumhydroxids sorgen dafür, dass sich die Kieselsäure von der äußersten Schicht der Sandkörner ablöst und mit dem Kalkhydrat zu Kalksilikathydrat reagiert. Nach dem Abkühlen können Kalksandsteine sofort verwendet werden.
Eigenschaften
Kalksandstein weist eine sehr hohe Rohdichte auf, und ist damit im Vergleich zu den anderen Massivbaustoffen Porenbeton, Mauerziegel und Holz besonders schwer. Dies verleiht ihm sehr gute Eigenschaften im Hinblick auf den Schallschutz.
Die hohe Rohdichte sorgt zudem für eine sehr gute Wärmespeicherfähigkeit. Dadurch erfolgt in Innenräumen mit Kalksandsteinmauerwerk ein guter Temperaturausgleich. Insbesondere im Sommer können Wände aus Kalksandstein sehr gut überschüssige Wärme aufnehmen, zwischenspeichern und für einen guten Hitzeschutz sorgen.
Da Kalksandstein zugleich sehr druckbelastbar ist, lassen sich aus seinen Steinen dünne, hochbelastbare Wände erstellen. Hinzu kommen sehr gute Brandschutzeigenschaften.
Kalksandstein weist je nach Rohdichte einen Wasserdampfdiffusionswiderstandswert μ von ca. 5 bis 25 auf. Dies entspricht einer mittleren Dampfdurchlässigkeit.
Ein ganz wesentlichen Nachteil von Kalksandstein sind seine schlechten wärmedämmenden Eigenschaften. Die Wärmeleitfähigkeit liegt je nach Rohdichte zwischen 0,7 und und 1,3 W/mK.
Verwendung
Durch die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten und den geringen Preis zählen Kalksandsteine zu den beliebtesten Mauerwerksteinen. Kalksandsteine werden als Voll-, Block-, Loch- und Hohlblocksteine in vielen verschiedenen Größen angeboten.
Durch die hohe Druckfestigkeit können Wände bereits ab einer Dicke von 11,5 cm tragend ausgeführt werden. Die guten Brandschutzeigenschaften ermöglichen es, Brandschutzwände mit Steinen der Rohdichteklasse ≥1,8 kg/dm³, bereits mit einer Dicke von 17,5 cm zu realisieren.
Durch die guten Schallschutzeigenschaften, werden Wände aus Kalksandstein allerdings nicht nur als tragende, sondern auch als nicht tragende Wände im Innenausbau ausgeführt.
Zusätzliche Wärmedämmung erforderlich
Durch die hohe Wärmeleitfähigkeit werden Außenwände von beheizten Gebäuden aus Kalksandstein in der Regel mit einer zusätzlichen Wärmedämmschicht versehen. Dies kann entweder durch die Aufbringung eines Wärmedämmverbundsystems (WDVS) erfolgen oder durch eine hinterlüftete Fassade (z.B. aus Holz oder Fassadenplatten). Da Kalksandstein ein offenporiger Baustoff ist, ist aus bauphysikalischen und baubiologischen Gründen einer offenporig gestalteten Außenhaut immer der Vorzug zu geben.
Ein besonderes Augenmerk ist auf die Vermeidung von Wärmebrücken zu legen. Durch den hohen Wärmedurchgangswert wirken sich Wärmebrücken bei einem Kalksandsteinmauerwerk nämlich besonders negativ aus. Die Planung und Ausführung von Anschlüssen und Übergängen erfordert deshalb eine besondere Sorgfalt.
Sichtmauerwerk
Aus den oben genannten Gründen wird Sichtmauerwerk aus Kalksandstein bei Außenwänden beheizter Gebäude fast ausschließlich durch Verblender / Klinker realisiert. Durch den zweischaligen Aufbau ist es möglich im Hohlraum eine Wärmedämmung unterzubringen und so die EnEV-Standards zu erfüllen. Bei Innenwänden ist es jedoch möglich sehr wohl möglich, ein Sichtmauerwerk durch einsteinige Wände zu realisieren. Allerdings sind bei der Herstellung von Sichtmauerwerk aus Kalksandstein besondere Maßnahmen auf der Baustelle erforderlich. Sichtmauersteine sollten nämlich möglichst nicht verschmutzt werden, da Ihre Reinigung einen besonders hohen Aufwand erfordern.
Ökobilanz
Die Ökobilanz von Kalksandstein ist im Vergleich zu anderen Massivbaustoffen recht gut. Für die Herstellung werden ausschließlich die Bestandteile Wasser, Branntkalk und Sand benötigt und beim Herstellungsprozess entstehen keine Schadstoffe. Ferner ist der notwendige Energieeinsatz relativ gering.
Da Kalksandsteine bei Außenwänden von beheizten Gebäuden zwingend eine zusätzliche Wärmedämmung erfordern ist deren Ökobilanz mit einzubeziehen. Je nach verwendetem Dämmmaterial kann diese sehr unterschiedlich ausfallen.
Als problematisch kann ebenfalls angesehen werden, dass der Hauptbestandteil Sand durch den weltweiten Bauboom zunehmend zu einem knappen Rohstoff wird. Denn nicht jeder Sand kann für die Herstellung von Kalksandstein verwendet werden. Der im Übermaß vorhandene, aber vom Wind kugelrund geschliffene Wüstensand, eignet sich beispielweise nicht.
Der Bröselstein-Skandal
Nach Angaben der Wochenzeitschrift Stern (10. Juli 2008) und der Tageszeitung Handelsblatt hat die Firma Haniel Bau-Industrie (ab 2002 Xella) zwischen 1987 und 1996 in drei nordrhein-westfälischen Werken minderwertige Kalksteine produziert, die anschließend in ca. 45.000 Gebäuden verbaut wurden. Trotz Warnungen des Bundesverbandes Kalksandstein, wurde das Bindemittel Branntkalk teilweise durch günstigere Rückstände aus der Rauchgasentschwefelung von Kohlekraftwerken ersetzt. Entsprechende Gutachten haben nachgewiesen, dass die so produzierten Steine nach einem Feuchtigkeitseintrag ihre Tragfähigkeit erheblich einbüßen können. Diese Erkenntnis war bereits vor dem Einsatz durch die Firma Haniel Bau-Industrie bekannt. Bis 2013 sind 430 Häuser mit Beschädigungen gemeldet worden.